Leitbild Kulturförderung 2016–2019: KULTUR GEHT UNS ALLE AN

«Kultur ist Opposition, ohne Politik zu sein. Kultur bildet, ohne Schule zu sein. Kultur tröstet, ohne Religion zu sein.»

 

Dieses Zitat von Laura de Weck bringt es auf den Punkt. Es würde wohl kaum jemand behaupten, dass ein Leben ohne Kultur überhaupt denkbar ist. Umso erstaunlicher ist es eigentlich, welch geringe Rolle die Kultur in der Politik spielt. War früher die Unterstützung der «Hochkultur» in allen politischen Lagern zumindest ein Lippenbekenntnis, ist selbst dies heute nicht mehr selbstverständlich. Die meisten Parteien sind zwar irgendwie «für Kultur», während einige wenige gegen staatliche Kulturförderung und Nischenkunst poltern! Aber es reicht nicht, einfach «Ja» zu sagen. Man muss auch wissen, weshalb.

 

Aus dieser Sicht ist es umso erfreulicher, dass der Stadtrat mit dem Kulturleitbild für die Jahre 2016–2019 eine Auslegeordnung präsentiert. Die SP sagt: «Für alle statt für wenige». Das gilt auch für die Kultur. Die Teilnahme und Teilhabe am Kulturleben darf nicht Privileg begüterter Einzelpersonen oder kreativer Insiderinnen und Insider sein. Kultur geht uns alle an! Sie ist nicht Dekoration einer öden Welt, sondern eine Art, sich mit der Gesellschaft auseinanderzusetzen. Für die SP ist Kultur eine gesellschaftlich relevante Grösse. Kultur bildet Identität, vermittelt Werte, bietet aber auch Unterhaltung und leistet einen Beitrag zum gesellschaftlichen und sozialen Zusammenhalt, indem sie Begegnung und Austausch ermöglicht. Und als Schule der Aufmerksamkeit fördert und fordert Kultur ihrerseits Demokratie und Politik: Künstlerische Betätigung, kulturelle Bildung und Kulturvermittlung sind notwendige Bedingungen für Demokratie und Emanzipation. Kultur ist nützlich, indem sie zur Diskussion anregt, zur Zufriedenheit beiträgt, Arbeitsplätze schafft, uns verunsichert oder einfach Genuss beschert.

Die SP bekennt sich zur in der Bundesverfassung verankerten Freiheit der Kunst – denn wir wissen: Kunst ist immer auch anarchisch, kann Irritation auslösen und durchgeknallt sein! Die Zürcher Kultur braucht Freiräume, freie Tanz- und Theatergruppen und Ateliergemeinschaften junger Kunst- und Kulturschaffenden genauso wie die «Leuchttürme» Tonhalle, Kunsthaus und Schauspielhaus. Die Vielfalt der Gesellschaft soll sich im Publikum, bei den Kulturschaffenden und in den Institutionen widerspiegeln.

 

Die SP begrüsst und unterstützt die im neuen Kulturleitbild beschriebenen Handlungsachsen und sieht eine grosse Übereinstimmung mit ihren eigenen kulturpolitischen Forderungen:

 

• Kultur für alle: Teilhabe stärken, Diversität leben
Zürich ist eine vielfältige Stadt mit rund 400 000 Bewohnerinnen und Bewohnern aus über 169 Nationen. Die Kulturinstitutionen sind aufgerufen zur Demokratisierung des Zugangs. Zutrittshürden sind abzubauen. Die Preispolitik und Öffnungszeiten sind zu überdenken. Für Kinder und Jugendliche braucht es mehr kulturelle Bildung und Möglichkeiten, in verschiedenen Sparten selber künstlerisch tätig zu werden.

• Kulturelle Vielfalt: Akzente setzen, Profile schärfen
Die Kulturschaffenden und Kulturinstitutionen sind aufgerufen, innerhalb der kulturellen Vielfalt Akzente zu setzen, die Qualität zu vertiefen und ein unverwechselbares Profil zu schaffen. Das Publikum soll neugierig gemacht werden. Dazu eignen sich auch Aktionen wie «Kunst im öffentlichen Raum». Die Rolle der Kunst im öffentlichen Raum muss politisch und gesellschaftlich breit diskutiert werden. Zudem unterstützt die SP ausdrücklich die Erhöhung des städtischen Beitrags an die Filmstiftung zum Erhalt der bisherigen Fördertätigkeit. Die Ablehnung der Erhöhung durch die bürgerlichen Fraktionen ist für uns nicht nachvollziehbar. Dies gefährdet die Aufbauarbeit der letzten Jahre, welche Zürich als Filmstandort und Filmproduktionsort erfolgreich etabliert hat.

• Kultur braucht Räume: Rahmenbedingen verbessern
Fragt man Kulturschaffende danach, wo am dringendsten Unterstützung notwendig ist, wird der Bedarf nach Raum häufig zuerst genannt. Es muss mehr günstigen Raum für die kulturelle Arbeit, für Veranstaltungen und Aufführungen sowie Vernetzung und Austausch bereitgestellt werden. Auch bei der Altersvorsorge könnte die Stadt Zürich noch mehr tun. Die soziale Absicherung von Kulturschaffenden in der Schweiz ist ungenügend. Oft arbeiten Künstlerinnen und Künstler in prekären Arbeitsverhältnissen und das Einkommen reicht nicht aus, um eine existenzsichernde Altersvorsorge zu finanzieren. Mit dem Kulturfördergesetz hat der Bund 2012 ein Zeichen gesetzt: Kulturschaffende, die vom Bundesamt für Kultur oder Pro Helvetia unterstützt werden, erhalten einen Beitrag an ihre Altersvorsorge. Es ist wünschenswert, wenn die Stadt Zürich diese Regelung freiwillig anwenden würde.

• Kultur kostet: Kulturförderung ist gesellschaftliche Grundlagenforschung
Es ist Geld und Freiheit nötig, damit dabei etwas herauskommt, das uns weiterbringt und weiterführt. Deshalb unterstützt die SP die staatliche Kulturförderung. Nur so ermöglichen wir ein breites Spektrum an Sparten und Ausdrucksformen, von populär bis minoritär, auch inter- und transdisziplinär. Die SP bekennt sich zum «Kulturprozent»: 1–2 % der gesamten städtischen Ausgaben soll in die Kultur fliessen. Deshalb stimmt die SP-Fraktion dem Kulturleitbild 2016–2019 zu und unterstützt in diesem Zusammenhang alle konkreten Subventionsvorlagen.

 

Weitere Auskünfte erteilt
• Hans Urs von Matt, SP-Gemeinderat, 079 769 49 91