Braucht die Energiewende einen alternativen Energieverband?

In seiner heutigen Sitzung hat der Gemeinderat den jährlichen Beitrag für die Mitgliedschaft des ewz beim Verband der Schweizerischen Elektrizitätsunternehmen, kurz VSE, als jährlich wiederkehrende Ausgabe von CHF 200’000 zuzüglich MWSt. bewilligt.

Was eher unscheinbar und unspektakulär daherkommt, birgt durchaus gewissen Zündstoff. Die Arbeit und der Einfluss des VSE sind nicht zu unterschätzen und müssen gewürdigt werden: Der VSE mit Sitz in Aarau ist der wichtigste Branchenverband für die Elektrizitätswirtschaft in der Schweiz. Mit seinem Jahresumsatz von CHF 12,2 Mio. setzt er sich ein für eine sichere, wettbewerbsfähige und nachhaltige Stromversorgung und vertritt die Interessen seiner rund 400 Mitglieder nach aussen. Weiter ist der VSE auch in den Bereichen Berufsbildung, Arbeitssicherheit und einheitliche Standards und Normen im liberalisierten Markt aktiv.

Doch: Der SVE politisiert in Energiefragen gar nicht immer auf derselben Linie wie die Stadt Zürich. So hat er sich wiederholt für die Atomenergie ausgesprochen, was den Zielen der Stadt Zürich diametral entgegensteht. Der VSE ist nicht bereit für die Energiewende: Unter dem Stichwort Versorgungssicherheit spricht er nämlich vorwiegend von den Problemen, Risiken und Grenzen der Energiewende. Man könnte sich daher fragen, ob die CHF 200’000 pro Jahr am richtigen Ort eingesetzt sind.

Das sind sie, trotzdem, meint die SP und befand auch der Gemeinderat einstimmig. Abgesehen davon, dass das ewz zu den Gründungsmitgliedern gehört und seither Mitglied des Verbandes und auch im Vorstand vertreten ist, sichert die Mitgliedschaft beim Verband ihm auch ein Mitsprache- und Mitbestimmungsrecht, wichtige Informationen im Bereich der Marktentwicklung und Einfluss auf politische Entscheide.

Korrigierend wollten SP und Grüne aber noch ein Postulat an den Stadtrat überweisen, um den Einfluss der Stadt Zürich zu stärken: Einerseits soll Zürich sich innerhalb des VSE verstärkt für ihre eigenen energiepolitischen Ziele einsetzen; andererseits braucht es ergänzend einen weiteren Verband, der in politischen Belangen als Gegengewicht zum VSE auftritt. Dass es einer Sache nämlich durchaus förderlich sein kann, wenn verschiedene Verbände mit unterschiedlicher Ausrichtung und Philosophie bestehen, zeigen Beispiele wie der VCS (neben ACS und TCS), der Hausverein (neben dem HEV), Swisscleantech (neben Economiesuisse) oder aber die Grünliberalen (neben FDP und Grünen).

Leider hat der Rat das Postulat knapp nicht überwiesen (56 nein zu 60 ja). Bleibt zu hoffen, dass es dem ewz gelingt, die Ziele der Stadt Zürich, d.h. die 2000-Watt-Gesellschaft, den Ausstieg aus der Atomenergie und die Energiewende, trotzdem mit dem nötigen Gewicht im VSE einzubringen.